
Referenzkörper für die optische Koordinaten-Messtechnik
Die Qualitätsanforderungen an moderne, leistungsfähige Produktionssysteme erfordern den Einsatz genauer dimensioneller Messverfahren, die große Datenmengen erzeugen können. Das ist mit den „klassischen“ taktilen Methoden oft nicht mehr möglich. Der Trend geht daher zu hoch produktiven optischen Messverfahren. Diese stellen jedoch besondere Anforderungen an die Kalibrierung. Hierfür wurden geeignete Prüfkörper entwickelt.
Autor: Klaus Vollrath b2dcomm.ch
„Zuverlässige dimensionelle Messtechnik ist eine entscheidende Voraussetzung für effiziente, leistungsfähige Produktionsverfahren“, sagt Thomas Jordi, CEO der Saphirwerk AG in Brügg bei Biel (Schweiz). Das Unternehmen ist ein führender Hersteller von Präzisionskugeln und Komponenten aus Keramik.
Zum Produktprogramm gehören insbesondere hochgenaue Referenzkugeln für dimensionelle Messtechnik.
Im Betrieb des Messsystems wird ein Referenzkörper verwendet, um Bestätigungsprüfungen durchzuführen. Mit diesem Verfahren wird überprüft, ob das Messsystem innerhalb der spezifizierten Leistungsgrenzen arbeitet. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung für die Beherrschung eines Produktionsprozesse.
Schneller Vormarsch optischer Messverfahren
„Neben den taktilen Verfahren mit Lehren, Messchiebern oder 3D-Koordinatenmessgeräten kommen heute immer mehr optische Verfahren zum Einsatz“, ergänzt Vertriebsleiter Markus Mokinski. Diese liefern um Größenordnungen höhere Datenmengen. Dies ist entscheidend, um beispielsweise Freiformflächen zu überprüfen oder die Qualitätskontrolle von hochproduktiven Prozessen zeitnah durchzuführen. Der wirtschaftliche Vorteil ist enorm, denn je unmittelbarer eine Kontrolle nach der Produktion erfolgt, desto geringer die Zahl der Ausschussteile, bis ein Fehler im Prozess erkannt und korrigiert wird. Zum Einsatz kommen heute Verfahren wie z.B. Laserscannen, Bildverarbeitung oder Streifenprojektion.
Die Kalibrierung mit Normalen, welche für die taktilen Verfahren eingesetzt werden, ist nicht immer möglich, da die Oberfläche zu stark spiegelt und das Messresultat verfälschen kann.
Abhilfe durch optisch kooperative Oberflächen
„Deshalb haben wir neue Normale entwickelt, die sich für die optischen Sensoren eignen“, erläutert T. Jordi. Diese „optisch kooperativen“ Kugeln mit der Bezeichnung „Topic“ haben eine matte Oberfläche und erzeugen kaum Volumenstreuung. Diese Kugeln gibt es in zwei Ausführungen: weiss und anthrazit, optimiert für die unterschiedlichen optischen Sensoren.
Von der Kalibrierkugel zum Referenzkörper
„Eine Vielzahl von Varianten ist vorstellbar, ein Set von Kugeln anzuordnen. Untersuchungen haben gezeigt, dass für viele Anwendungen die Anordnung eines Kugelpaars ein Optimum darstellt“, weiß M. Mokinski.
Aus diesem Grunde wurde bei Saphirwerk beschlossen, als weiteren Schritt komplette Prüfkörper zu entwickeln. „Auch hier schätzen wir die intensive Zusammenarbeit mit Kunden und der fachkundigen Unterstützung von Instituten, wie z.B. der Hochschule für Technik in Buchs CH“, erläutert T. Jordi.
Der Referenzkörper „Platte“
Die beiden Kugeln aus Topic white Material sind je mit einer Halterung verbunden, die in einer Grundplatte fix verankert sind.
Damit die Platte einen äußerst geringen thermischen Ausdehnungskoeffizienten hat, wurde ein Spezialstahl gewählt. Zur Verhinderung von störenden Reflexionen ist die Oberfläche ist mattschwarz lackiert.
„Zu den wesentlichen Qualitätskriterien solcher Kalibrierkörper gehört die Langzeitstabilität“, erläutert T. Jordi. Um mögliche Einflüsse auf die Maßhaltigkeit zu untersuchen, wurde der Kalibrierkörper mehreren Tests unterzogen. Unter anderem konnte gezeigt werden, dass der Längenabstand auch nach mehreren Monaten stabil bleibt.
Bestimmung der Kugelabstandabweichung
Die Richtlinie VDI/VDE 2634 Teil 2 gibt dazu eine Richtlinie vor.
„Zur Bestimmung der Kugelabstandsabweichungen werden Prüfkörper mit kugelförmigen Antastelementen aus Stahl, Keramik oder anderen geeigneten Materialien eingesetzt. Die Oberfläche der anzutastenden Kugelflächen sind diffus streuend (nicht volumenstreuend).“
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Hilfsgrössen |
Dp |
Abmessungen des Prüfkörpers |
L0 |
Raumdiagonale des vom Hersteller spezifizierten Messvolumens |
La |
Gemessener Wert der Prüflänge |
Lf |
Kalibrierter Wert der Prüflänge |
Lp |
Abmessungen des Prüfkörpers |
Die Abmessungen des Prüfkörpers ergeben sich aus den folgenden Vorgaben:
Lp ≥ 0.3 L0
Dp = (0.02…0.2) L0
Produktpalette
Derzeit sind acht verschiedene Ausführungen mit Messabständen zwischen 20 und 520 mm verfügbar. Bei den größeren Modellen wird eine Zusatzplatte aus schwarz eloxiertem Aluminium angeboten, damit mehr Platz für Fotogrammetriemarken bleibt.
Bezeichnung |
Kugel- Durchmesser [mm] |
Abstand Kugelzentren [mm] |
Platte [mm] |
Zusatzplatte [mm] |
D06_X20 |
6 |
20 |
100 x 50 |
|
D10_X30 |
10 |
30 |
100 x 50 |
|
D15_X50 |
15 |
50 |
100 x 50 |
|
D25_X75 |
25 |
75 |
150 x 50 |
|
D45_X120 |
45 |
120 |
170 x 50 |
240 x 120 |
D60_X200 |
60 |
200 |
300 x 50 |
400 x 200 |
D60_X320 |
60 |
320 |
420 x 50 |
520 x 200 |
D60_X520 |
60 |
520 |
620 x 50 |
720 x 200 |
Literatur
[1] Interstaatliche Hochschule für Technik Buchs, Institut für Produktionsmesstechnik, Werkstoffe und Optik, Studie Topic. Normale für die Multisensor-Koordinatenmesstechnik – Entwicklungen zur metrologischen Rückführbarkeit. Buchs – 18. März 2017.
[2] Baumann, A.: Kalibrierkörper für Längenmesssysteme. Bachelorthesis, Berner Fachhochschule, Studiengang Maschinentechnik, 19.1.2017.